Montag, 16. März 2015

Rezension: Italien vegetarisch

Diese Rezension habe ich jetzt schon einige Male begonnen, und immer wieder verworfen. Und vor mir hergeschoben. Bisher hatte ich nämlich immer Glück mit den Büchern, die ich rezensiert habe, bis auf winzige Kleinigkeiten fand ich sie toll. Das war hier anders.
Ich habe mich unglaublich gefreut auf Italien vegetarisch. Wirklich sehr, sehr, sehr. Nachdem ich schon so viele Lobgesänge auf die beiden Vorgänger Österreich vegetarisch und Deutschland vegetarisch gelesen hatte, konnte ich das Erscheinen von Italien vegetarisch kaum erwarten.
Ich liebe die italienische Küche. Das viele frische Gemüse (Tomaten! Auberginen! Zucchini!), Pasta, Risotto, Pizza, Pesto, Oliven, Parmesan, eingelegtes Gemüse. Ein Traum. 
Beim ersten Durchblättern fand ich auf Anhieb mindestens 20 Rezepte, die ich dringend ausprobieren wollte. Gleich das erste Rezept war irgendwie doof bei der Zubereitung, das dritte Rezept war dann ne Vollkatastrophe. Positiv gestimmt hat mich dann aber wieder eine Tomatensauce, die wirklich die beste Tomatensauce war, die ich je gekocht habe. Trotzdem ist meine Meinung ziemlich zwiegespalten, es gibt einige Punkte, die ich zu bemängeln habe. Aber erst mal die Hard Facts.



Claudio Del Principe
Katharina Seiser (Hg.)

Italien vegetarisch*


Fotografien von Claudio Del Principe
ISBN 978-3-85033-806-6
€ 34,90
Format 19 x 24 cm
272 Seiten, ca. 120 Abbildungen
Hardcover, Halbleinen
3 Lesebändchen
1. September 2014




Mein erster Eindruck:

Toll! 
Das Cover alleine schon, mit den vielen tollen Gemüsesorten, Hülsenfrüchten, Kräutern, Pasta. Genau das, was ich mit guter italienischer Küche verbinde. 
Beim ersten Durchblättern: Jede Menge leckerer Rezepte, viele sehr einfach und bodenständig, aber auch etwas aufwändigere Rezepte wie selbstgemachte Pasta.
Die Fotos nicht auf Hochglanz getrimmt, das Essen wird auf den meisten Bildern auf einem Teller präsentiert, ohne viel Drumherum. So mag ich das am liebsten.
Das Kochbuch ist in Jahreszeiten unterteilt, dafür gibt's bei mir immer einen dicken Pluspunkt. Dazu gleich drei Lesebändchen in den Farben der italienischen Flagge- ein nettes Extra. Ein ebenfalls sehr liebevolles Detail sind die verschiedenen Farben, die die Jahreszeitenkapitel haben.


Durch Klick aufs Bild wird es größer.



 

Inhalt:

Die Rezepte sind nach Jahreszeiten eingeteilt, dazu gibt es noch ein Jederzeit-Kapitel.  Jedes Kapitel ist in sich noch einmal in "Antipasti, Pane & Pizza", "Suppen & Pesto", "Salate & Gemüse", "Pasta, Polenta & Reis" sowie "Süsses" unterteilt.
Wie oben schon erwähnt, finde ich eine saisonale Ernährung richtig und wichtig. Also finde ich es natürlich auch sehr gut, wenn Kochbücher ihre Rezepte nach Saison gliedern. Allerdings hat mich die Einteilung mehr als einmal verwundert. Wieso stehen die Grissini, Olivenbrot und Focaccia beim Frühling und nicht bei "Jederzeit"? Wo soll ich im Frühling die reifen (geschmackvollen) Tomaten für die Acquacotta herbekommen? Selbst die Tomaten aus Spanien schmecken da noch fad. Trofi (Pasta) mit grünen Bohnen im Frühling? Soweit ich weiß, gibt es die auch in der Schweiz (Wohnort des Autors) und Österreich (Wohnort der Herausgeberin und Standort des Verlags) genauso wie in Deutschland erst im Sommer. Vorher kommen sie doch meistens aus Kenia. Ebenso das meiste Gemüse für das "Gefüllte Gemüse". Tomate, Aubergine, Paprika? Alle erst im Sommer reif. Naja... Da frage ich mich, ob die Rezepte da einfach stehen, weil das Frühlingskapitel sonst zu mager ausgefallen wäre? Oder wie kommt's?
Vielleicht seh ich das ein bisschen streng, aber ich bin halt der Meinung, dass "gut gemeint" das Gegenteil von "gut gemacht ist". Ich bin sicher nicht päpstlicher als der Papst und ich ess im Winter auch gern mal ne Salatgurke. Aber ich würde den Gurkensalat dann trotzdem nicht unter "Winterrezept" einordnen.
Positiv erwähnen möchte ich noch das Register. Das ist zusätzlich zu den Rezepttiteln nach den Hauptzutaten, also in den meisten Fällen nach dem verwendeten Gemüse, geordnet. Vegane Gerichte sind extra gekennzeichnet.


Die Rezepte:

"Jeden Tag richtig gut essen" ist das Motto von Claudio Del Principe. Und das merkt man dem Buch auch an. Ihr findet im Buch keine wahnsinnigen aufwändigen Rezepte, sondern leckere Alltagsküche. Bei den meisten Rezepten steht Gemüse im Vordergrund. Viele Zutatenlisten sind sehr kurz. Klasse statt Masse. Rezepte mit allzu ausgefallenen Zutaten findet ihr hier nicht. Ebenso sind alle Rezepte "natürlich vegetarisch", keine Fleischgerichte, die vegetarisch umgeschrieben wurden. Das find ich klasse. So koch ich auch am häufigsten, auch wenn ich schon mal ganz gerne ein veganes Schnitzel esse. Meine Alltagsküche ist ebenfalls natürlich vegetarisch und so habe ich auf Anhieb viele Rezepte gefunden, die auf meiner to cook-Liste gelandet sind.
Zum Beispiel:
  • Reiskroketten (Arancini)
  • Brennnessel-Gnocchi mit Rucola
  • Ricotta-Spinat-Klöschen (Malfatti)
  • Panzanella
  • Zucchini in Tomatensauce (Zucchine in umido)
  • Auberginenauflauf (Parmigiana di melanzane)
  • Mit Amaretti gefüllte Pfirsiche
  • Mehlsuppe mit Steinpilzen
  • Verheiratete Kartoffeln 
  • Gnocchi nach Römischer Art (Gnocchi aus Hartweizengrieß und Parmesan)
  • Käse-Brot-Bällchen 
  • Pfaffenwürger mit Brokkolicreme
Ich könnte die Liste noch um weitere 15 Rezepte ergänzen. Die meisten Rezepte sprechen mich an, wollen nachgekocht werden. Manche erwecken bei mir Erinnerungen an Italienurlaube. Die Arancini zum Beispiel erinnern mich an meine Abschlussfahrt nach Rom. Fernwehküche vom Feinsten! Da braucht's keine Gerichte, für die man stundenlang in der Küche steht, das ist mindestens genauso gut.
Aber bevor ich euch erzähle, welche Rezepte ich schon getestet habe, muss ich auch hier noch ein kleines bisschen meckern. Da gibt es doch tatsächlich ein Rezept für "frisches Obst". (Zutaten: Reifes, saisonales Obst und Beeren), die Zubereitung besteht aus "Waschen, trocknen, putzen, ggf. schälen u./o. in Stücke schneiden". Also ehrlich. Da hab ich mir an den Kopf gefasst und gefragt, ob das wirklich da drin steht oder ob ich träume. Ich bin ja, wie schon gesagt, ein Fan von einfachen, bodenständigen Gerichten. Aber das finde ich, gerade auch in Anbetracht des doch recht stolzen Preises, ein bisschen dreist.

Getestet habe ich:
  • Kichererbsensalat (Ein wirklich leckerer Salat. Das Dressing war perfekt.)
  • Calzone Barese (Unglaublich lecker. Nur die Zubereitungsanweisung war undeutlich. Man sollte Hefe in lauwarmem Wasser auflösen. Allerdings stand da nicht, in wie viel Wasser. Später sollte man dann weitere 200ml Wasser hinzufügen. Für mich kein Problem. Jemand, der aber noch nie oder nicht häufig Hefeteige zubereitet, könnte an dieser Stelle ein Problem bekommen, grade, wenn man anfangs viel Wasser nimmt und die 200ml dann zu schnell hinzufügt.)
  • Kürbisgnocchi (Katastrophe. Der Teig viel zu weich, nach der Zugabe von Mehl waren die Gnocchi gummihaft und ein Fall für den Mülleimer. Und an mir lag's wahrscheinlich nicht, Juliane hatte das gleiche Problem.)
  • Tomatensauce (Nach dem Gnocchitrauma lag das Buch erst mal einige Monate rum. Die Tomatensauce hat dann aber so fantastisch geschmeckt, dass ich ihm eine zweite Chance gegeben habe. Zum Glück!)
  • Grapefruit-Sellerie-Salat (Supereinfach, superlecker!)

Fazit:

Hm. Das fällt mir jetzt schwer.
Die Rezepte finde ich größtenteils toll. Ihr seht, ich mag noch einiges ausprobieren und freue mich auch schon darauf:



Bisher habe ich an dieser Stelle meistens begeistert "Kaufen! Kaufen!" geschrieben. Das ist bei Italien vegetarisch aber irgendwie doch nicht der Fall. Andererseits kommt es mir unverhältnismäßig vor, euch vom Kauf abzuraten. Denn die meisten Rezepte sind toll, ich werde nicht müde, das zu betonen, auch wenn das Buch meiner Meinung nach auch deutliche Mängel hat. (Ich fasse noch einmal zusammen: die Fehler bei der Saisonalität, die ungenaue Zubereitungsanweisung (ich bin mir nicht sicher, ob das noch weitere Rezepte betrifft, beim Durchblättern ist mir aber nichts mehr aufgefallen!), das Obst"rezept".) Ich bin dennoch froh, dass ich Italien vegetarisch im Bücherregal stehen habe.
Wenn ihr Fans der italienischen Küche seid und von "Basis-/und Alltagsrezepten", dann werdet ihr das Buch sehr wahrscheinlich mögen. Bestellt es aber nicht blind, geht in die Buchhandlung eures Vertrauens, blättert es erst mal durch und schaut, ob der Funke überspringt. Ja, das ist mein Fazit. :-)



*Italien vegetarisch wurde mir vom Brandstätter-Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Danke dafür!

6 Kommentare:

  1. Puuuh.... Und ich dachte schon, ich wäre die einzige, die das Buch nicht übermässig toll findet. Beim Durchblättern in der Buchhandlung fielen mir auch einige Ungereimtheiten auf, da habe ich es lieber zurückgestellt. Bei dem Preis erwarte ich einfach eine andere Liga.

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  2. Hab' dank für den ausführlichen und kritischen Eindruck! Ich glaube, ich schrieb irgendwo schonmal, dass ich in Besitz von "Österreich-" und "Deutschland vegetarisch" bin und mich "Italien" beim Durchblättern nicht annähernd so gereizt hat. Jetzt weiß ich, warum :).

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  3. Die Rezepte, die du da genannt hören sich mega lecker an und wenn es so lecker schmeckt wie sie klingen, dann kann mich auch ein Register mit Fehlern nicht abschrecken. Ich werde auf jeden Fall mal schauen, ob ich es irgendwo günstig ergattern kann :)
    LG, Sandrina

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  4. Ach, ich bin ja sehr beruhigt, dass ich nicht die einzige bin, die von #iveg nicht 100% überzeugt ist. Danke für deine ausgewogene und ausführliche Rezension!
    Viele Grüße und schöner Tag noch,
    Juliane

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  5. Ich war eigentlich in die Buchhandlung gegangen, um mir dieses Buch zu kaufen. Habe es durchgeblättert.. war etwas ratlos - und bin schließlich stattdessen mit Gemüse kann auch anders und Streetfood vegetarisch rausgeganen. Gute Entscheidung, wenn ich das so lese. Für mich klangen viele Rezepte dann doch etwas fad bzw. uninspiriert, kann gar nicht genau sagen, was der Fall war..
    Nur die Tomatensauce, die würd mich interessieren. Gibts das Rezept hier auf dem Blog?

    Liebe Grüße,
    Kathi

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    1. "Gemüse kann auch anders" ist unglaublich toll! :-) Wie gefällt dir denn das Street Food vegetarisch?
      Ich hoffe jetzt auf "Türkisch vegetarisch" (kommt demnächst, irgendwann im Sommer, raus), weil ich die Türkische Küche supergerne mag und ein tolles Kochbuch echt Gold wert wäre.

      Das Tomatensaucenrezept ist dieses: http://gourmandisesvegetariennes.blogspot.de/2015/02/tomatensauce-grundrezept.html

      Liebe Grüße
      Melissa

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